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Sorcha
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Do 26 Jan, 2006 14:22 Die Beschwörung eines Dämons |
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Nanny Ogg benutzte die Waschküche nie, denn um ihre Wäsche kümmerte sich ein Stamm aus diensteifrigen Schwiegertöchtern, an deren Namen sie sich nur selten erinnerte. Deshalb diente der Raum als Lager für getrochnete Knollen, alte Hexenkessel und Gläser mit gärender Wespenmarmelade. Seit zehn Jahren war unter dem steinernen Waschtrog kein Feuer mehr entzündet worden. Mörtelbrocken lösten sich zwischen den Ziegeln, und an der Brennkammer wuchsen seltene Kräuter. Unter dem Deckel kam tintenschwarzes, und so behaupteten einige Gerüchte, unauslotbar tiefes Wasser zum Vorschein. Man bestärkte die Ogg-Enkel in ihrem Glauben, es sei die Heimstatt von Ungeheueren aus dem Morgengrauen der Zeit - Nanny meinte, ein bißchen Aufregung und sinnloser Schrecken seien unabdingbare Vorraussetzungen für die richtige Magie der Kindheit.
Im Sommer kühlte sie ihr Bier im Trog.
"Es müßte eigentlich klappen", murmelte sie nun.
"Ich glaube, wir sollten uns an den Händen fassen. Magrat, vergewissere dich bitte, daß die Tür verschlossen ist."
"Was hast Du vor?", fragte Oma Wetterwachs. Sie befanden sich in Nannys Revier, und daher stand ihr die Wahl zu.
"Ich sage immer, daß eine ordentliche Beschwörung nie schaden kann." Und:"Habe es schon seit Jahren nicht mehr versucht."
Furchen bildeten sich auf Oma Wetterwachs Stirn.
"Aber das geht doch nicht!" stieß Magrat hervor. "Zumindest nicht hier. Man braucht einen richtigen Kessel und ein magisches Schwert. Und ein Oktagramm. Und bestimmte Gewürze und so."
Oma und Nanny wechselten den Blick.
"Es ist nicht ihre Schuld", sagte Oma. "Es liegt daran, daß sie zu viele Grimmerlinge liest." Sie wandte sich an Magrat.
"Derartige Dinge benötigen wir nicht", erklärte sie. "Pschikologie genügt völlig." Sie sah sich in der alten Waschküche um
"Man begnügt sich damit, was man hat", sagte sie.
Oma Wetterwachs griff nach einem ausgebleichten Holzstab und wog ihn nachdenklich in der Hand.
"Wir er- und beschwören dich mit" - Oma Wetterwachs legte eine kurze Pause ein -, "diesem scharfen und schrecklichen Holzstab.
Das Wasser im Trog kräuselte sich ein wenig.
"Sieh nur, wie wir..." Margrat seufzte. "... wie wir altes Bleichsoda und sehr harte Seifenflocken zu deinen Ehren verstreuen. Im Ernst, Nanny, ich weiß nicht..."
"Sei still! Jetzt du, Gytha."
"Ich rufe und binde dich mit dieser Scheuerbürste der List - leider fehlen ihr viele Borsten - und dem Waschbrett des Schutzes." Nanny winkte damit; die Wringvorrichtung fiel ab.
"Ehrlichkeit ist ja ganz gut" flüstere Magrat kläglich, "aber es mangelt an der richtigen Atmosphäre."
"Jetzt hör mir mal gut zu, Mädchen", sagte Oma Wetterwachs. "Dämonen scheren sich nicht um das äußere Erscheinungsbild von Dingen. Es kommt nur darauf an, was Du glaubst. Weiter geht's."
Magrat versuchte sich vorzustellen, daß die Laugenseife aus den erlesensten klatischianischen Was-auch-immer bstand. Es fiel ihr nicht leicht. Allein die Götter mochten wissen, welcher Dämon auf eine solche Beschwörung reagierte.
Auch Oma Wetterwachs empfand ein vages Unbehagen. Sie interessierte sich nicht sonderlich für Dämonen. Außerdem: Die Verwendung von Zaubersprüchen und diversen Werkzeugen erschien ihr zu sehr wie Zauberei. Dadruch ging man jenen Wesen nur um den Bart; sie nahmen es zum Anlaß, sich wichtig zu fühlen. Oma fand, daß Dämonen zu gehorchen hatten, wenn man sie rief.
Aber das allgemeine Protokoll gab der Gastgeberin das Recht, die Wahl zu treffen. Und Nanny mochte Dämonen, die männlich waren oder männlich wirkten.
Oma Wetterwachs hob den sechzig Zentimeter langen Holzstab, redete der Unterwelt entweder gut zu oder drohte ihr. Der eigene Wagemut erstaunte sie.
Das dunkle Wasser brodelte lustlos und glättete sich wieder. Dann ertönte ein leises Plopp, und ein Kopf tauchte auf. Margat lies die Seife fallen.
...
Da der Dämon nur ein Symbol seines wahren Selbst ins Diesseits projezierte, konnte er sich genausogut Mühe dabei geben.
...
"Schweig! Ich warne dich. Wir haben das Schwert der List und das Oktagramm des Schutzes."
"Ach, wirklich?" höhnte der Dämon. "Meiner Ansicht nach sehen die Dinger eher aus wie ein Waschbrett und ein Holzstab."
Oma Wetterwachs blickte zur Seite. In einer Ecke der Waschküche stapelte sich Brennholz, und davor stand ein großer schwerer Sägeblock. Sie starrte den Dämon streng an, während sie ausholte und ihren Stab auf den Bock hinabsausen ließ.
Völlige Stille folgte, nur unterbrochen von einem leisen Knirschen, als der Sägeblock in zwei Hälften brach, die vor dem Brennholzstapel zu Boden fielen.
Das Gesicht des Dämons blieb ausdruckslos.
"Drei Fragen sine euch erlaubt, grummelte er.
...
Dämonen waren wie Genies oder Philosophieprofessoren: Wenn man nicht genau die richtige Frage stellte, fanden sie großen Gefallen daran, absolut wahrheitsgemäße, aber vollkommen irreführende Antworten zu geben.
...
Die Tradition ließ nur drei Fragen zu. Oma Wetterwachs trachtete danach, die dritte so zu formulieren, daß man sie nicht absichtlich mißverstehen konnte. Dann beschloß sie, die Spielregeln zu verändern.
"Was ist eigentlich los, zum Teufel?" entfuhr es ihr.
"Und wenn du jetzt versuchst, dich irgendwie herauszuwinden, wirst du gekocht."
Der Dämon zögerte. Omas Taktik war offenbar neu für ihn.
...
"Ich protestiere gegen diese Behandlung! Ungewißheit prickelte in der Stimme des Dämons.
...
"Ich bin nur ein Dämon. Was weiß ich schon? Ich kenne einzig und allein das Geschehen an sich, nicht seine Ursachen."
"Ich verstehe."
"Darf ich jetzt gehen?
"Hm?"
"Bitte?"
Oma Wetterwachs nickte wie in Trance.
"O ja, lauf nur!" sagte sie geistesabwesend. "Danke."
...
"Wärt ihr vielleicht so nett, mich zu verbannen? meinte der Dämon, als ihm niemand Beachtung schenkte.
"Wie?" erwiederte Oma Wetterwachs, die erneut nachdachte.
"Nun, äh, nach einer richtigen Verbannung würde ich mich besser fühlen, sagte der Kopf. "Den Worten: Lauf nur fehlt es am gewissen Etwas.
...
"Natürlich. Na schön. Nun gut. Ähem. Hebe dich hinfort, Brut der Finsternis! Kehre zurück in die stinkende Tiefe..."
Der Kopf grinste zufrieden, als er diese Bemerkung vernahm. Sie hatten den richtigen Klang.
Seite 97 ff.
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